Gesucht: Marshallplan für den Umbau agrarindustrieller Massentierhaltungen

Das unmittelbare Nebeneinander von wunderbaren Biotopflächen und intensiver Agrarindustrie ist auch ein Kennzeichen der Diepholzer Moorniederung, insbesondere im westlichen Naturraum. Das Foto zeigt eine Stallanlage zwischen dem Oppenweher Moor und dem Brockumer Fladder.

Das unmittelbare Nebeneinander von wunderbaren Biotopflächen und intensiver Agrarindustrie ist auch ein Kennzeichen der Diepholzer Moorniederung, insbesondere im westlichen Naturraum. Das Foto zeigt eine Stallanlage zwischen dem Oppenweher Moor und dem Brockumer Fladder.

„Wenn wir es nicht machen, dann machen es die Dänen und Holländer!“, eine Aussage die man von Landwirten immer wieder so oder in ähnlicher Weise hört. Sie soll wohl auf eine vermutete Unmöglichkeit hinweisen, die aktuellen Strukturen in der konventionellen Landwirtschaft mit ihren Massentierhaltungen zu verändern.

Denn wirklich zu mögen scheint sie eigentlich niemand, die großen Stallanlagen mit den riesigen Güllemengen. In den 1960er-Jahren setzte der Umbau von kleinbäuerlichen Strukturen zu industriellen Nahrungsmittelproduktionsstätten zunächst beim Geflügel ein. Man merkte sehr schnell, dass etwas verloren geht: Von der ländlichen, dörflichen Struktur und vor allem Arbeitsplätze. Schon damals wurde intensiv darüber diskutiert, wie der Wandel zu gestalten sei.

Was beim Geflügel dann schnell vollzogen war, wurde ab Anfang der 1970er Jahre in der Schweinehaltung umgesetzt. Spaltenböden und Güllefässer machten es möglich, durch die verringerte Arbeitsintensität konnten Veredelungsbetriebe enorm wachsen, ein weiterer Sargnagel für den bäuerlichen Familienbetrieb.

Etwa ab 1980 machte die Umweltbewegung auf Probleme aufmerksam, die z.B. für Grundwasser, Erholungswert der Landschaft und vor allem für die Biodiversität durch die Massentierhaltungen entstehen.

Etwa Mitte der 1990er Jahre zeichnete sich dann eine neue Problemlage ab. Die großen Tierbestände kommen nicht ohne regelmäßigen Antibiotikaeinsatz aus. Schweine erhalten im Durchschnitt fünf, Rinder und Masthähnchen zwei Antibiotikabehandlungen bis zur Schlachtung. Zwei Drittel aller in Deutschland eingesetzten Antibiotika werden an Nutztiere verabreicht. Aus Sicht der Wissenschaft ist die Praxis der Fleischproduktion entscheidend mitverantwortlich für die Entstehung der multiresistenten Keime MRSA und ESBL, an denen, Schätzungen zufolge, etwa 15.000 Menschen in Deutschland jährlich sterben. Laut Aussage von Prof. Dick Heederick, Universität Utrecht (Niederlande), sind MRSA-Keime im Umkreis von einem Kilometer um die großen Stallanlagen im Feinstaub nachweisbar (siehe hierzu den ZDF-Bericht „Planet-e: Gefahr aus dem Stall“).

Zu diesen 15.000 Betroffenen möchte wohl niemand gerne gehören. Besonders gefährdet sind durch den direkten Kontakt zu den Tieren allerdings die Landwirte selbst.

Wenig bekannt ist bislang darüber, wie sich Antibiotika in der Umwelt auf Wildtiere auswirken. Man geht davon aus, dass kleinste Antibiotikamengen, wie sie im Grundwasser vorkommen, bereits weit unterhalb der Grenzwerte die Verbreitung von resistenten Keimen verstärken.

Insgesamt blicken wir also auf knapp fünf Jahrzehnte politischer Auseinandersetzung darüber, wie eine nachhaltige, menschen- und umweltgerechte Landwirtschaft zu gestalten ist. Dabei blieb der weit überwiegende Teil der Betriebe und Arbeitsplätze auf der Strecke. Es bleibt sicher spannend zu sehen, wie es weitergeht.

Zum Thema „Wieviel Schwein verträgt das Land Südoldenburg?“ befindet sich der ebenfalls sehenswerte Beitrag „Die Spur der Schweine“ in der NDR-Mediathek …

www.ndr.de/regional/niedersachsen/oldenburg/schweine149.html